--- Aufenthaltsraum; 19:30 Uhr (2.Abend nach Beendigung des Holoprogramms)
Nun saß er da, am 3.Tag seiner Ausbildung. Sie war nicht schlecht, aber
sehr theoretisch. Fast sehnte er sich auf das Holodeck zu ihrer abgebrochenen
Mission zurück. Es war der erste Abend, den er frei hatte, seit er hier war. Am
ersten Abend hatte er noch fertig ausgepackt und war danach gleich schlafen
gegangen. Am zweiten hatte er die Regeln und Grundsätze der Sternenflotte
überflogen. Jetzt war ihm fast langweilig. Er saß alleine an einem Tisch.
Seine Augen suchten die Umgebung ab. Überall Offiziere, die er aber
nicht kannte. Er wollte seinen Blick bereits wieder auf die Tischplatte vor sich
richten, da sah er gerade, wie Daniela zur Tür herein kam. Auch sie schaute
suchend um sich. Erfreut, doch endlich jemanden zu kennen, stand er auf, winkte
ihr zu und wies auf einen der leeren Plätze am Tisch.
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Sukie Linebarger sah sich mit einem fast schon als
hilflos zu bezeichnenden Gesichtsausdruck um. Sie
hätte nicht herkommen sollen, unter all den fremden
Leuten fühlte sie sich völlig verloren.
Andererseits war ihr auch klar, daß sie sich nicht
ewig verkriechen konnte, nach ihrem unrühmlichen
Ohnmachtsanfall, der auch schließlich das Ende der
Holomission bedeutet hatte, war ihr erst einmal Ruhe
verordnet worden, aber jetzt mußte sie wieder aus
ihrem Schneckenhaus hervorkriechen.
Die Hände vor dem Körper verschränkt, kämpfte sie
mühsam ein irrationales Panikgefühl, das sie des
öfteren unter zu vielen Leuten ergriff, nieder und
suchte nach einem möglichst versteckten Winkel, um
sich dort niederzusetzen.
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Mike war ein bißchen ratlos, denn Daniela war nicht gekommen. "Ob sie ihn
nicht gesehen hatte?". Während er daran herum dachte, bemerkte er seinen
trockenen Rachen. Da er es eh satt hatte, alleine an diesem Tisch zu vergraulen,
begab er sich, mit der Hoffnung Daniela vielleicht zu sehen, an die Bar. Er
bestellte sich ein einfaches Wasser, etwas anderes mochte er in diesem Moment
nicht. Nun stand er also an der Bar mit einem Wasser... alleine - wieder...
Sein Blick schweifte wieder über die Menschenmenge, noch verlorener als vorher
schon. Doch plötzlich blieb sein Blick stehen. Er hatte Sukie gesehen, in
einer Ecke, fast versteckt, ebenfalls alleine. Aber war sie vorher schon da
gewesen? Rein gekommen konnte sie nicht sein, hatte er doch zuvor die Tür nicht
aus den Augen gelassen. "Hey, wie geht's? Gut hoffe ich!", sagte er während
er zu ihr trat und sie anlächelte.
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"Hallo Mike", sagte Sukie Linebarger. "Klar, es ist
jetzt alles wieder O.K., mir ist die Aufregung einfach
ein wenig zu viel geworden, ich habe ein bißchen Ruhe
gebraucht, das ist alles." Irgendwie war sie ganz
froh, wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen und
plötzlich mußte sie sich nicht einmal mehr zwingen,
nicht mehr unglücklich auszusehen, sie lächelte ganz
automatisch zurück. "Und wie geht´s bei Dir so?"
fragte sie, einfach, weil ihr nichts Besseres einfiel.
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"Mir geht es auch gut", ist schließlich das erste Mal seit wir hier sind,
daß ich so was wie "frei" habe! Er grinste. Endlich hatte er die Möglichkeit
jemand anderen das zu fragen, was ihn die ganze Zeit beschäftigt hatte: "Was
glaubst du, wieso der Commander die Holomission beendet hat? Haben wir
irgendetwas falsch gemacht?".
"Aber egal... Erzähl mir doch etwas mehr über dich!", forderte Irons sie
auf, um ein bißchen vom Ausbildungsalltag abzulenken.
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Daniela sah, wie Sukie und Mike sich miteinander unterhielten.
Sie ging rüber und sprach beide an, denn sie waren die einzigen die sie
hier kannte.
"Hallo, ihr beiden. Ich hoffe es geht euch gut nach der Holodeckmission. Ich
weiß immer noch nicht was ich davon halten soll.
Möchtet ihr auch etwas trinken? Ich gebe einen aus."
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"Nein danke, ich bin nicht durstig", erwiderte
Linebarger ruppig. Jetzt hatte sie die Chance, mit
Mike allein zu reden und nun mußte sich Daniela
natürlich dazwischendrängen! Sie ärgerte sich maßlos
über ihre Kollegin, obwohl die ja eigentlich nur
freundlich sein wollte und wußte selbst nicht, warum
eigentlich.
"Und zu deiner Frage, Mike, ich glaube, es war meine
Schuld, daß die Holomission beendet wurde, immerhin
bin ich ja bewußtlos zu Boden gegangen, da konnte sie
ja schlecht fortgesetzt werden. Ihr entschuldigt
mich," führte sie ihre Rede fort und verließ den
Aufenthaltsraum.
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Noch bevor Mike Zeit hatte, Sukie mitzuteilen, daß er nicht glaubte, daß
der Commander die Holomission wegen ihr beendet hatte, war sie bereits
verschwunden. Er starrte kurz hinter ihr her und fragte sich, ob er etwas Falsches
gesagt oder gemacht hatte. Er würde sie bei der nächsten Gelegenheit fragen.
Dann drehte er sich um und wandte sich zu Daniela. "Also, wenn die Mission
wirklich zu diesem Zeitpunkt fertig gewesen ist, kann ich mir den Sinn auch nicht
genau erklären! Glaubst auch du, daß Sukie irgendwie Schuld ist? Ich wüßte
nicht warum, schließlich wäre es ja interessant gewesen zu sehen, wie unser
Teamgeist ist! Aber egal, ich nehme die Einladung gerne an!" Mike stellte
sein Glas Wasser auf den Tisch nebenan. Es war mittlerweile seiner Stimmung
nicht mehr angemessen. Vorhin, als er alleine war und es sich zu Tode
langweilte, war es gerade zu aufregend, das Glas Wasser, aber jetzt... Er ließ Daniela
den Vortritt und folgte ihr bis zur Bar. Er wartete auf ihre Bestellung.
--- vor dem Aufenthaltsraum, 19:44 Uhr
Natürlich kam Linebarger gar nicht auf die Idee, daß es womöglich nicht ihre Schuld gewesen sein könnte, daß die Holomission beendet worden war. Schließlich, so dachte sie zumindest, artete alles, das sie begann, früher und später in einer Katastrophe aus. Sie verwirrte das alles ziemlich und ihr einstiger Entschluß, auf keinen Fall aufzugeben, schien plötzlich nicht mehr so fest zu stehen wie noch vor wenigen Tagen. Und daß sie schon auf der Krankenstation Gerüchte gehört hatten, daß die ersten Kadetten - ob frei- oder unfreiwillig hatte sie nicht herausfinden können- bereits jetzt schon die Academy verlassen hatten, beunruhigte sie noch mehr. Da würde sie dann wohl die nächste sein, die aufgeben würde müssen, schoß es ihr in den Kopf. So in Gedanken versunken, vergaß sie, einem entgegenkommenden Kadetten auszuweichen, der gerade den Aufenthaltsraum betreten wollte. Der hatte auch nicht aufgepaßt, da er gerade damit beschäftigt war, irgendetwas an dem seltsamen Gerät, das er trug, einzustellen, sodaß sie mit voller Wucht zusammenstießen. Das Gerät- Sukie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was es sein konnte- fiel ihm aus der Hand und zerbrach in Tausende Einzelteile. Linebarger erstarrte und wollte sich zunächst entschuldigen, aber als ihr Gegenüber begann, sie anzuschreien und Schadensersatz zu fordern, regte sich ihr trotziger Widerspruchsgeist. "Kann ja ich nichts dafür, daß du offensichtlich keine Augen im Kopf hast", erwiderte sie bissig "...und deshalb denke ich auch nicht daran, da irgendetwas zu ersetzen." Sie wußte selbst nicht, was es war, wahrscheinlich war es ihre eigene Unsicherheit, die sie wieder einmal ziemlich aggressiv reagieren ließ. Der andere Kadett, von dem sie vermutete, daß er Andorianer war, jedenfalls sah er äußerst eigenartig aus, versetzten ihre patzigen Bemerkungen erst so richtig in Rage. Er brüllte weiter auf sie ein und sie hätte ihren Universalübersetzer nicht gebraucht, um zu erkennen, daß er dabei ziemlich viele Ausdrücke verwendete, die man wohl am ehesten als "farbige Metaphern" umschreiben konnte. Sie selbst ließ sich daraufhin natürlich auch nicht lumpen (wer drei Schwester hat, weiß schließlich nur zu gut, wie man einander ordentlich beschimpft) und es war ihr auch egal, daß man sie nicht nur im ganzen Aufenthaltsraum, sondern vermutlich auch noch drei Gänge weiter hören konnte.
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Mike war nun kurz vor Sukie. Der Andorianer schien sie nicht getroffen zu
haben. Dennoch schien sie sich sehr nervös nach allen Seiten umzusehen. Mike
blickte kurz in die selbe Richtung wie Sukie und verstand ihre Reaktion, denn
der Klingone sah wirklich nicht gerade sehr friedlich aus. Mike trat einen
Schritt vor und zog Sukie am Handgelenk in die Menge. Er zog sie weiter, aus der
Meute, um eine Ecke in einen Flur. Hier lehnte er sich an die Wand und
atmete tief aus. "Das ist gerade noch einmal gut gegangen!" meinte er und fügte mit
einem breiten Grinsen hinzu: "Was hast du da nur wieder angestellt!". Doch
dann lenkte er, die Stirn runzelnd, um möglichst nachdenklich zu erscheinen,
um: "Hoffentlich erfährt Ivanov nichts davon!". Aber eigentlich war er froh,
daß so etwas passiert war, denn das mußte Sukie sicher von den Gedanken um
den Abbruch der Mission wegen ihr ablenken.
--- irgendein Gang der Akademie, 19:46
"Ich weiß selbst nicht, wie das eigentlich passiert
ist, auf jeden Fall danke, daß du mich da rausgerissen
hast, das hätte böse ausgehen können", sagte Sukie
Linebarger und fügte dann - etwas leiser- hinzu: "Ich
hoffe ja doch nicht, daß Ivanov was davon erfährt, der
ist wahrscheinlich ohnehin schon sauer genug wegen der
schief gegangenen Holomission." Ihr wurde bewußt, daß
sie Mike wahrscheinlich schon gehörig damit auf die
Nerven ging, daß sie immer wieder davon anfing. Aber
es beschäftigte sie einfach, vor allem, da sie sich
selbst daran die Schuld gab, daß es nicht funktioniert
hatte. Das war genau das, was ihr zu Hause prophezeit
worden war, nämlich, daß sie so ziemlich alles falsch
machen würde, was es falsch zu machen gab- und sie war
wirklich auf dem besten Weg dazu.
Trotzdem versuchte sie zu lächeln. "Na ja, die werden
es schon nicht rausbekommen, immerhin weiß ja
niemand, wer ich bin und wenn mich irgend so ein
Andorianer oder Klingone oder was weiß ich wer
beschreiben soll, kommt sicher was raus, das auf 99,9%
der menschlichen Kadetten zutrifft. Ich sag´ schnell
mal Daniela bescheid, daß alles in Ordnung ist, die
geht uns womöglich noch suchen", sagte sie.
In dem Moment merkte sie, daß sie ihren Kommunikator
beim Zusammenstoß verloren haben mußte.
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Die ganzen Leute liefen wie wild hin und her. Daniela merkte nur wie ein Klingone sehr sauer in der Gegend rumschaute, als würde er jemanden suchen.
Sie wußte natürlich wen er suchte. "Aber ich werde Sukie auf keinen Fall verraten, falls mich jemand fragen sollte."
Sie betätigte ihren Kommunikator: "Winkler an Irons! Wo seit ihr? Ich kann euch in der Menge nicht sehen. Was ist passiert?
Daniela wartete auf eine Antwort.
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"Hey für das sind Freunde da!" winkte Mike ab und fügte mit ernster Stimme
an: "Schließlich kenne ich sonst nicht viele Leute hier, da kann ich doch
nicht einfach meine Freunde im Stich lassen!". Dann sagte er, mit einem
Zwinkern: "Also von mir erfährt Ivanov nichts!". Aber er hatte auch das wegen der
schief gegangenen Holomission gehört. Sukie hatte es also nicht abgelenkt. Mike
ging es wirklich langsam auf die Nerven, allerdings nicht, daß sie schon
wieder davon sprach, sondern daß sie sich immer noch die Schuld gab. "Schau mal"
begann er, "Also erstens: Wer hat gesagt, daß die Holomission schief ging?
Vielleicht mußte es so ausgehen! Zweitens: Wieso sollte Ivanov sauer auf
dich sein?! Du bist gerade mal einen Tag an der Akademie und sollst bereits
alles richtig machen? Wohl kaum! Und wenn er wirklich sauer ist, dann nicht nur
wegen dir, sondern wegen uns allen! Aber wenn du mich fragst, ist die Mission
nicht fehl geschlagen, denn wir haben Teamgeist gezeigt und mehr kann Ivanov
von uns am ersten Tag nicht verlangen!"
Mike hoffte, daß Sukie nach dieser Moralpredigt endlich einsah, daß sie
keine Schuld am Scheitern der Holomission hatte. Mike schaute sie an, bis sie
meinte, daß man Daniela benachrichtigen müsse. Er sah, wie Sukie nach ihrem
Kommunikator suchte. Mike schaute sie grinsend und wollte gerade seinen
Kommunikator betätigen, als Daniela ihm zuvor kam.
"Wir sind in einem Nebengang, uns geht es gut. Allerdings hat Sukie ihren
Kommunikator verloren, wenn sie nicht auffliegen soll, müssen wir ihn finden!"
Mike sah Sukie an und sagte: "Daniela und ich werden deinen Kommunikator
schon finden! Es ist wohl besser, du bleibst hier!" dann drehte er sich auf
seinen Absätzen und verschwand um die Ecke.